Grenzüberschreitende Kommunikation
BERCHTESGADENER LAND/SALZBURGER LAND (ml) – Der Höhlenrettungsdienst Salzburg und die in Freilassing und Ainring-Mitterfelden stationierte Höhlenrettungsgruppe der Bergwacht-Region Chiemgau arbeiten seit vielen Jahren grenzüberschreitend bei Einsätzen und Übungen Hand in Hand zusammen und haben legendäre mehrtägige Großeinsätze wie im Untersberg-Riesending oder in der Jack-Daniels-Höhle im Tennengebirge erfolgreich gemeinsam gemeistert und die Verunfallten durch großen Personal- und Materialeinsatz lebend gerettet. Die EurRegio Salzburg – Berchtesgadener Land – Traunstein und Interreg fördern diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit und haben die beiden Organisationen seit 2017 finanziell mit insgesamt knapp 20.000 Euro unterstützt – die weiteren 5.000 Euro der Projektsumme brachten die beiden Höhlenrettungen je zur Hälfte selbst ein.
Interreg, oder wie es offiziell heißt, die „europäische territoriale Zusammenarbeit“, ist Teil der Struktur- und Investitionspolitik der Europäischen Union. Seit mehr als 20 Jahren werden damit grenzüberschreitende Kooperationen zwischen Regionen und Städten unterstützt, die das tägliche Leben beeinflussen. Das Fördersumme wurde in viele auf einander abgestimmte Einzelmaßnahmen investiert, mit denen auf allen Ebenen die Kommunikation verbessert und vereinheitlicht werden soll: Vier mehrtägige Wochenend-Workshops, gemeinsame Höhlen-Übungen, zusätzliche Tagesschulungen, weitere Ausrüstung wie fünf digitale Funkgeräte, ein umfangreiches drahtloses Höhlenkommunikationssystem mit viel Zubehör und vier Höhlentelefone mit 1,6 Kilometer Kabel.
Bei einem Ortstermin in der Mitterfeldener Höhlenrettungswache übergab die Salzburger Landesleiterin des Österreichischen Höhlenrettungsdienstes (ÖHRD), Monika Feichtner (Zweite von rechts), zusammen mit ihrem Stellvertreter Hans Günther (zugleich Funkreferent, rechts) und Projektleiter Ingenieur Helmut Obermair ein österreichisches Digitalfunkgerät an die Freilassinger Höhlenrettung, das dauerhaft in Bayern bleibt. Höhlenrettungschef Rudi Hiebl (Dritter von links), sein neuer Stellvertreter Hubert Mayer (links) und Bereitschaftsleiter Siegfried Fritsch (Dritter von rechts) nahmen die Handfunkgeräte entgegen. Da die österreichischen Funkgeräte technisch anders verschlüsselt sind als die deutschen, können die Helfer trotz der fehlenden Sprachbarriere nicht direkt miteinander funken und müssen Geräte untereinander austauschen.
Unter Tage nutzen beide Organisationen drahtgebunden das so genannte Höhlen-Telefon und das drahtlose Cave-Link-System zur Übermittlung von Daten durch Felsen hindurch. Messdaten und Kurznachrichten können wie eine SMS mittels des Magnetfeldes von Längst- und Langwellen durch mehrere hundert Meter Fels übermittelt werden und bei Bedarf auch über ein GSM-Modul an der Oberfläche durchs Handynetz auf jeden Ort der Welt geschickt werden. Die bayerischen und österreichischen Systeme unter Tage sind mit geringem Aufwand kompatibel, austauschbar und von beiden Organisationen bedienbar.
Feichtner und Hiebl dankten neben der EuRegio und Interreg vor allem dem treibenden Motor, Projektleiter Helmut Obermair (ehemaliger Landesleiter ÖHRD - Salzburg), der während der gesamten Laufzeit in enger Absprache mit der EuRegio-Geschäftsstelle in Freilassing die umfangreichen Planungs-, Genehmigungs- und Dokumentationsarbeiten übernommen und dafür unzählige ehrenamtliche Stunden investiert hatte. „Das EuRegio-Interreg-Projekt hat uns wirklich um große Schritte weitergebracht, da die einzelnen Maßnahmen auf dem fruchtbaren Boden einer ohnehin schon seit Jahren bestehenden sehr engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit wachsen konnten“, freut sich Hiebl.
Die beiden Organisationen haben bei den Seminaren und Übungen ihre Kommunikationssysteme weiter optimiert und aufeinander abgestimmt und auch die zukünftige Beschaffung so weit wie möglich vereinheitlicht und auf einander abgestimmt, damit jedes genutzte Teil untereinander nachhaltig kompatibel ist. 18 Einsatzkräfte beider Organisationen bilden nun einen gemeinsamen Kommunikationstrupp, der im ständigen Austausch dafür Sorge trägt, dass bei Einsätzen und Übungen die Kommunikation reibungslos funktioniert und die Staatsgrenze keine große Rolle mehr spielt.
Basis für die gegenseitige Unterstützung bei Höhlenrettungseinsätzen in Deutschland und Österreich sind ein bilaterales Abkommen von Bayern und Salzburg zur grenzüberschreitenden Hilfeleistung, ein Staatsvertrag zwischen dem Freistaat Bayern und dem Land Salzburg sowie das deutsch-österreichische Katastrophenhilfeabkommen. Damit die Zusammenarbeit im Ernstfall reibungslos und effektiv anläuft, üben beide ehrenamtliche Organisationen seit vielen Jahren regelmäßig gemeinsam und bilden sich auch zusammen fort, was aufgrund der fehlenden Sprachbarriere besonders gut funktioniert und die Ressourcen der Freiwilligen zeit- und personalschonend vereint. Im Ernstfall sprechen sich beide Organisationen direkt und unkompliziert untereinander über Funk und Handy ab; ihren offiziellen Einsatzauftrag bekommen sie mit der Alarmierung über die zuständige Integrierte Leitstelle für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ILS) Traunstein und die Landesleitstelle des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK) in der Stadt Salzburg.
Bildcredits und Bericht: Leitner, BRK BGL